Röntgenqualität - Schweizer Parlament

Tieferer Gesundheitskosten und weniger Strahlenbelastung dank höherer Röntgenqualität

https://www.parlament.ch/

Ständerat Damian Müller 21.9.2020

Damian Müller (Ständerat, Luzern)

Amtliches_Bulletin_20.3208 Damian Müller, Kantonsrat

Müller Damian (RL, LU): Sie werden sicher nicht erstaunt sein, wenn ich sage, dass die Stellungnahme des Bundesrates mich hier nicht wirklich befriedigt, und zwar von A bis Z. Es beginnt schon beim ersten Abschnitt. Dieser zeigt den falschen Ansatz, wenn es heisst, durch praxisnahe Fortbildung würden den medizinischen Praxisassistentinnen und -assistenten (MPA) die nötigen Kenntnisse vermittelt, um Röntgenaufnahmen von hoher Qualität durchzuführen. Meiner Ansicht nach müsste es Teil der Grundausbildung sein, sich diese Kennt- nisse anzueignen. Dies sollte nicht erst in der Fortbildung geschehen, und zwar nicht nur, was Röntgenaufnahmen im Niedrigdosisbereich angeht, sondern auch im Bereich des Hochdosisröntgens. Denn genau in diesem Bereich werden nicht nur die meisten Fehler gemacht; Fehler in diesem Bereich haben auch weit gravierende- re Folgen. Es reicht auch nicht, wenn die Kommission für Strahlenschutz (KSR) ein geeignetes Schreiben aus dem Jahr 2005 zitiert, in dem es apodiktisch und ohne jegliche Begründung heisst, diese Ausbildung könne nicht in die Grundausbildung integriert werden. Wieso denn nicht? Vielleicht hat sich in den letzten fünfzehn Jahren auch etwas getan.

Sei's drum – immerhin kommt die KSR in diesem Schreiben zum Schluss, der jetzige Zustand sei, ich zitiere, "bedenklich". Es will etwas heissen, wenn das selbst eine Behörde schreibt, von der man eher eine zurückhaltende bis sehr zurückhaltende Sprache gewohnt ist. Aber es kommt noch besser oder, nach meinem Ermessen, schlimmer: Die Überprüfung der Ausbildung für dosisintensive Röntgenuntersuchungen durch das BAG habe ergeben, so sagt die KSR, dass deutliche Lücken in der Ausbildung der Ärzte und der MPA bestünden. Das ist das Ergebnis der Überprüfung von 64 Einzel- und Gemeinschaftspraxen, einer Überprüfung also, die bei insgesamt rund 2800 Praxen in unserem Land nicht einmal mit allergrösstem Wohlwollen als auch nur annähernd repräsentativ bezeichnet werden kann.

Das ist auch nicht verwunderlich, denn das BAG verfüge – so die KSR – nicht über die nötigen Kapazitäten, um alle registrierten Bewilligungsnehmer zu kontrollieren. Also überträgt das BAG diese Kontrolle den Ärzten; damit beisst sich die Katze in den Schwanz.

Ich komme zu einem zweiten Punkt der bundesrätlichen Antwort, wo von der Einführung des klinischen Audits die Rede ist, das sicherstellen soll, dass alles korrekt und nach bestem Wissen geschieht. Darum geht es in meinem Postulat aber nicht. Von den klinischen Audits sind nämlich nur die Röntgeninstitute betroffen, die Nuklearmedizin, Strahlentherapie oder Computertomografie betreiben, nicht aber die Praxen von Hausärzten, Orthopäden usw. Auch für diese Praxen sind, wie der Bundesrat in seinen Ausführungen schreibt, keine Audits vorgesehen.

In der Schweiz werden jährlich insgesamt rund sechs Millionen Röntgenaufnahmen gemacht, um Krankheiten zu erkennen, zu behandeln oder Ergebnisse einer Behandlung zu dokumentieren. Ein nicht unwesentlicher Teil der Röntgenaufnahmen, die in den Arztpraxen angefertigt werden, sind nur eingeschränkt und einige gar nicht beurteilbar. Diese stellen in allererster Linie eine unnötige Strahlenbelastung dar, unabhängig von der Strahlendosis. Sie belasten unnötigerweise unser Gesundheitssystem. Wenn nämlich nur schon zehn Prozent der Aufnahmen unbrauchbar sind – und das ist jetzt nicht einmal sehr extensiv gerechnet –, dann macht das bei einem Preis von 50 Franken pro Aufnahme, was auch nicht übertrieben ist, im Jahr 30 Millionen Franken aus. Das ist ein nicht unerhebliches Sparpotenzial. Ich frage mich also, was denn eigentlich dagegen spricht, die Qualitätskontrolle einer qualifizierten privaten Organisation zu übertragen, gerade angesichts der Tatsache,    

Vor allem aber bleibt mir bei der Stellungnahme des Bundesrates schleierhaft, wieso er sich so sehr gegen den Einsatz einer ausgewiesenen privaten Qualitätskontrolle sträubt. Gerne weise ich darauf hin, dass es bereits konkrete Beispiele dafür gibt, sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland, dass eine unabhängige, externe Kontrolle der Qualität von Röntgenuntersuchungen zu einer signifikanten Qualitätsverbesserung führen kann. Mit einer freiwilligen Teilnahme erreichen Sie nämlich nur Ärzte, die bereits an einer kontinuierlichen Quali- tätsverbesserung bei ihrer Arbeit interessiert und bereit sind, dafür auch Zeit und wohl auch etwas Geld zu investieren. Bei anderen – das war auch eine Erklärung von vielen Arztpraxen – fehlt es an der Zeit für solche Programme.

Sie sehen, der Handlungsbedarf ist da, und ein einfaches Postulat, welches dazu dient, die Grundlage für die Lösung des Problems zu erarbeiten, liegt nun also auf dem Tisch. Ich bitte Sie nun: Nützen wir diese Chance, und setzen wir dort an, wo die Qualität einen Mehrwert im Gesundheitssystem bringt!

Ich bitte Sie, diesen Vorstoss anzunehmen.

Bundesrat Alain Berset 21.9.2020

Alain Berset (Bundesrat, Gesundheitsminister)

Amtliches_Bulletin_20.3208 Alain Berset, Bundesrat
Übersetzung mit Benutzung von Google Translate

Berset Alain, Bundesrat: Herr Ständerat Müller, Sie sagten, dass Sie mit der Antwort des Bundesrates überhaupt nicht zufrieden waren, aber ich muss Ihnen sagen, dass wir dies nur schwer nachvollziehen können. Denn heute gehört die Strahlenschutzausbildung zur Grundausbildung, und es gibt Weiterbildungen. Tatsächlich war die Situation vor einigen Jahren nicht zufriedenstellend, was zu vielen Kontrollen führte. Seitdem hat sich die Situation stark verbessert.
Nun muss man sich im Sinne der Effizienz des Einsatzes der Staatsmittel und der Staatsarbeit fragen, wer von der Tatsache profitiert, dass sich überall systematische Kontrollen ausbreiten. Ist es heute wirklich angebracht, den Verwaltungsaufwand und die Kosten durch systematische Kontrollen zu erhöhen, wie Sie sich zu fragen scheinen?
Der Bundesrat teilt Ihr Anliegen, nämlich dass bei der Durchführung radiologischer Untersuchungen die notwendige Qualität gewährleistet sein muss. Es ist offensichtlich notwendig, Bilder von ausreichender Qualität zu erstellen, um eine Diagnose stellen zu können, wobei jedoch die Exposition gegenüber Röntgenstrahlen so gering wie möglich gehalten werden sollte.
Im Hinblick auf die aktuellen Verordnungen im Bereich Strahlenschutz wurde viel Arbeit geleistet: Kürzlich überarbeitet und 2018 in Kraft getreten – nun sind es also zwei Jahre her – enthalten sie eine Vielzahl neuer Maßnahmen, die genau auf eine Verbesserung der Qualität in der medizinischen Radiologie abzielen. Ich erwähnte, dass eine Verpflichtung zur regelmäßigen Weiterbildung eingeführt wurde. Eine Grundausbildung gibt es natürlich schon, nicht jeder kann Radiologie machen, ohne zu wissen, wie es funktioniert. Wir haben auch auf Überlegungen gedrängt, die Fähigkeiten des medizinischen Personals auf lokaler Ebene zu verbessern; dies gilt auch für medizinische Fachangestellte, die in Arztpraxen röntgen.
Darüber hinaus wurden der Umfang des Qualitätssicherungsprogramms und die technischen Anforderungen an Röntgengeräte unter Berücksichtigung nationaler und internationaler Standards angepasst. Qualitätskontrollen werden einerseits von den Betreibern und andererseits von spezialisierten und zugelassenen Fremdfirmen durchgeführt. Darüber hinaus wurden externe klinische Audits eingeführt, um die Qualität in der Radiologie zu verbessern. Dies sind Audits, die für Anwendungen, die zu einer hohen Patientenexposition führen, obligatorisch sind. Andererseits - und hier haben wir natürlich einen großen Unterschied - sind sie für Anwendungen mit niedrigen Dosen nicht erforderlich, zu denen auch Röntgenaufnahmen in rund 2800 Arztpraxen in der Schweiz gehören.
Bei einer Ausweitung der klinischen Audits auf die Ausstattung von Arztpraxen müssten wir mit einem massiven Anstieg der Kontrollen und Kosten in einem Bereich rechnen, der uns heute nicht notwendig erscheint. Dies stünde in keinem Verhältnis zur möglichen Reduzierung der Röntgenstrahlenbelastung der Patienten. Wer würde von solchen Übungen profitieren? Wir fordern oft ein angemessenes und effizientes Engagement der staatlichen Kräfte. Überall systematische Kontrollen zu fordern, erscheint uns unverhältnismäßig. Das können wir angesichts der damit verbundenen Kosten nicht rechtfertigen.
Trotzdem begrüßen wir - und das möchte ich betonen - die Qualitätsinitiativen und die weitergehenden freiwilligen Kontrollen der Arztpraxen. In diesen 2.800 Arztpraxen sind Fachpersonal beschäftigt, das sich auskennt. Arztpraxen müssen die ordnungsgemäße Funktion ihrer Geräte und eine effiziente Nutzung gewährleisten. Generell verlassen wir uns, wenn möglich, auf den Willen, dies an der Basis zu tun, während wir zusammenarbeiten und daran erinnern, dass es in der Verantwortung und im Interesse jedes Arztes liegt, der ein Röntgengerät bedient, die Ergebnisse der Bilder zu optimieren.
Unter diesen Voraussetzungen, erscheint es uns angesichts der bestehenden Maßnahmen, der Verordnungsüberprüfung im Jahr 2018, allem, was heute in der Praxis existiert, nicht erforderlich, zusätzliche regulatorische Qualitätskontrollen in Arztpraxen zu verlangen sowie alle bisher durchgeführten Kontrollen.
Dies hat uns veranlasst, Sie einzuladen, das Postulat abzulehnen.

Letzte Änderung am: 28.11.2021
schliessen